Von Cannstatt an die Copacabana
von Waffenschmidt
Brasilien-Schüleraustausch 2018/19
Nein, es war keine eigenmächtige Verlängerung der Sommerferien, als Leander, Willi, Janik und 10 weitere Schüler und Schülerinnen des GDG schon am Donnerstag, 18.07. auf gepackten Koffern am Flughafen in Echterdingen saßen – diese Truppe war in offizieller Mission unterwegs zum Schüleraustausch nach Brasilien!
Die Jugendlichen aus der 9. und 10. Klasse verbringen derzeit 6 Wochen als Gäste am Colégio Visconde de Porto Seguro in São Paulo. Im Gepäck hatten sie Schokolade, Wein und Bier aus dem Ländle als Gastgeschenke für ihre brasilianischen Austauschschüler und deren Eltern – einer hatte sogar einen VfB-Trainingsanzug dabei, für den vielleicht einzigen VfB-Fan in Brasilien.
Ihre Austauschpartner/-innen kennen die Cannstatter Teilnehmer schon sehr gut: bereits im Dezember und Januar waren die Brasilianer in Stuttgart und haben sogar das Weihnachtsfest in den deutschen Gastfamilien verbracht. Verstanden haben sich alle von Anfang an hervorragend. Die Deutschen hatten bereits ein Jahr lang Portugiesisch-Unterricht bei ihrer brasilianischen Lehrerin Frau Marina Pimentel, die ihnen auch die Kultur des Landes nahebrachte, und die Brasilianer sprechen hervorragend Englisch und Deutsch. Auch sonst gab es wenig Missverständnisse, aber sehr viele Gemeinsamkeiten: die brasilianischen Gäste waren begeistert vom Esslinger Weihnachtsmarkt, vom Schnee auf dem Hohenzollern, von Spätzle und Kartoffelsalat. Das unerwartete kulinarische Highlight war allerdings der Döner, den es in Brasilien nicht gibt.
Die Schule in Cannstatt fanden die Brasilianer zwar sehr nett, aber winzig im Vergleich mit ihrer Schule in São Paulo, und an das deutsche Winterwetter mussten sie sich erst mal gewöhnen. Trotz der Januarkälte war aber die gemeinsame einwöchige Fahrt nach Berlin der Höhepunkt des Deutschlandbesuchs, inklusive einem Treffen mit MdB Cem Özdemir. Ganz generell genossen die Brasilianer die Freiheit, einfach eine Stadt erkunden zu können, was für brasilianische Jugendliche aus Sicherheitsgründen normalerweise undenkbar ist. „In Brasilien werden die Kinder immer überall hin mit dem Auto gebracht“, sagte Leander.
Auch wenn sie vielleicht zeitweise ein bisschen der gewohnten Freiheit aufgeben müssen, genießen Leander und die anderen das Leben in Brasilien. Dort haben sie zwar auch Unterricht, aber auch 3 Wochen Ferien und sehen nicht viel nur von São Paulo, sondern vom ganzen Land: geplant sind Ausflüge nach Rio, Santos, Salvador und zu den berühmten Wasserfällen von Iguaçu. Pünktlich zum neuen Schuljahr sind sie dann wieder zurück, reich an vielen neuen Erfahrungen und Eindrücken.
Der Schüleraustausch mit Brasilien hat am GDG eine über 30-jährige Tradition. Dank großzügiger Zuschüsse vom Verein zur Förderung von Schulpartnerschaften zwischen Baden-Württemberg und Brasilien sowie der hervorragenden Betreuung durch Frau Pimentel und die GDG-Lehrerinnen Nina Tietze und Marie-Luise Haar bekommen am GDG alle 2 Jahre besonders motivierte Schülerinnen und Schüler die einmalige Gelegenheit, zum Schüleraustausch nach Brasilien zu reisen.
Text: Beate Waffenschmidt
Foto: Fam. Jensen
Rückblende: gemeinsame Studienfahrt nach Berlin im Januar
Dank der Einladung des GDG-Paten und bekannten Politikers Cem Özdemir konnten auch in diesem Jahr die Schüler und Schülerinnen des Brasilienaustauschs mit ihren Austauschschülern nach Berlin fahren. Nach Teilnahme an einer Plenarsitzung mit hitzigen Reden zu u. a. dem Brexit beantwortete der Bundestagsabgeordnete Fragen der SchülerInnen zu spannenden Themen, wobei er auch persönliche Tipps zur Berufsfindung sowie Bewerbungen gab.
Alle genossen anschließend den eindrucksvollen Blick von der Reichstagskuppel: Ein lebendiges Berlin mit historischer Kulisse bot sich ihnen dar! Und genau diese Stadt mit bedeutsamer Historie wurde eine Woche lang erkundet. Sowohl die brasilianischen als auch die deutschen Schüler staunten über die Bedeutsamkeit Berlins und ihrer Geschichte im 20. Jahrhundert. So konnten sie die bewegte und zum Teil schwierige Vergangenheit auf der Exkursion erfahren, wie zum Beispiel im Stasigefängnis Hohenschönhausen oder gar unterirdisch in einem ehemaligen Atomschutzbunker.
Eine Stadt, die jahrzehntelang nicht nur symbolisch für eine Grenze stand, wurde auch in dieser Woche für Jugendliche unterschiedlicher Nationalitäten zur Basis für Austausch und Verbindendes. Möglicherweise sind gar deutschbrasilianische Freundschaften entstanden…
Ein besonderer Dank an dieser Stelle gilt auch Frau Tietze, die sowohl die Berlinfahrt als auch den kompletten Brasilienaustausch organisiert hat.