Lyrikabend der J1 im Kursaal

von Waffenschmidt

"Grenzen": das Lyrikprojekt der J1

Ein Festsaal, 95 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 1 und 21 Gedichte – eine ungewöhnliche Kombination? Nicht beim Lyrikabend der Elftklässler des Gottlieb-Daimler-Gymnasiums, der am Freitag, den 20. April im Kursaal in Bad Cannstatt stattfand. Diese Veranstaltung bildet traditionell den Höhepunkt des jährlichen Lyrikprojekts, das bereits vor Jahren von der Deutschlehrerin Petra Schempp an der Schule etabliert worden ist. In feierlichem Rahmen werden an diesem Abend die Ergebnisse der wochenlangen kreativen Arbeit an und mit den selbstgewählten Gedichten den Mitschülern, Eltern und Lehrern präsentiert.

In diesem Jahr stand über allem der Titel „Grenzen“ und die Schülerinnen und Schüler scheuten sich nicht, die ganz großen Themen anzupacken: Revolte gegen fragwürdige Grenzen, die Grenzenlosigkeit der Hoffnung, das Überschreiten gesellschaftlicher Grenzen, die Grenze zwischen Leben und Tod, psychische Auswirkungen der Erfahrung, an Grenzen zu stoßen, die Grenzenlosigkeit der Allmacht Gottes, Kriegshandlungen an Landesgrenzen, Ohnmacht oder Engagement angesichts des medial vermittelten Unrechts in der Welt, Respektlosigkeit im Umgang miteinander und damit das Überschreiten persönlicher Grenzen, die Begrenztheit von Sprache, Sprachlosigkeit und Vereinsamung.

Die Bandbreite der Gedichte erstreckte sich von Andreas Gryphius‘ Barock-Sonett Tränen in schwerer Krankheit hin zu Johann Wolfgang von Goethes Sturm und Drang-Hymne Prometheus weiter zu Franz Werfels expressionistischem Gedicht Der Mensch ist stumm und einem Beispiel der Exillyrik Bertolt Brechts aus den 1930er Jahren, bis der Reigen seinen Schlusspunkt in der Gegenwart mit dem Poem Man ist nur Gast der weniger bekannten Dichterin Ruth-Ursula Westerop fand.

Auch die kreativen Umsetzungsformen waren vielfältig und damit sicherlich ein Grund für das anhaltende Interesse des Publikums: Rezitationen, Spielszenen, Filmsequenzen, Podiumsdiskussionen, Gegengedichte, Tagebucheinträge, Umsetzung in Malerei und Comic, Live-Musik…Viele Ideen waren während eines Projekttages im Februar entstanden.

Die Schülerinnen und Schüler gestalteten ihren Abend selbst, präsentierten sich souverän, kümmerten sich eigenständig um Technik und Beleuchtung und übernahmen die Moderation. So manch einer verschob an diesem Abend sicherlich die Grenze des für ihn persönlich Machbaren nach hinten und wuchs über sich hinaus.

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